MUTAFO – Die 2 Vereine

Um den Studenten der Hochschule für Seefahrt Warnemünde/Wustrow zu ermöglichen, zusätzlich zu ihrer Ausbildung ihr zukünftiges Metier, die See, und die erforderliche Seemannschaft auch auf kleinen Schiffen kennen und beherrschen zu lernen, wurden 1974 und 1975 zwei Segelyachten beschafft, die für diese Aufgaben geeignet schienen. Mit Peter Ahrendt, ehemaliger DDR-Leistungssegler und Gewinner der Silbermedaille in der Drachen-Klasse bei den Olympischen Spielen 1964 in Tokio, wurde ein kompetenter Mitarbeiter der Hochschule mit diesem Projekt betraut.

Stettiner Yachtwerft „Leonid Teliga“

Seine Wahl fiel auf die Stettiner Yachtwerft „Leonid Teliga“, auf der damals Yachten des Typs „Taurus“ in Serie gebaut wurden. Sie sind 10,60 m lang, 3,69 m breit, 5 t schwer und gehen 1,90 m tief. Die Rümpfe sind aus formverleimten Mahagoni hergestellt. Die Ausstattung ist ebenfalls aus Mahagoni, es gibt 6 Kojen (relativ spartanisch) und eine Navi-Ecke mit großem Kartentisch, für die angedachte seemännische Ausbildung somit gut geeignet. Der Motor steht nicht wie üblich unter dem Niedergang (die „Taurus“-Yachten hatten derer zwei), sondern vor dem Mast.

Die Yachten waren in Polen und den baltischen Republiken der ehemaligen Sowjetunion weit verbreitet. 1973 wurde von der Universität Greifswald mit der „EMA“ (Ernst Moritz Arndt) die erste „Taurus“-Yacht für die DDR erworben, in den 80-er Jahren gab es sechs Boote dieses Typs.
Die „MUTAFO“ wurde 1974 angeschafft. Peter Ahrendt, ihr erster Skipper, benannte sie nach seinem „Silber“-Drachen von 1964. Die Herkunft des Namens ist nicht eindeutig, es gibt u.a. ein Buch von Ehm Welk – „Mutafo, das Ding das durch den Wind geht“ und eine Geschichte von einem verwunschenen peruanischen Gott Mutafo, den ein verfolgter Seemann findet und mit auf sein Schiff nimmt, das nun schneller und schneller wird und von den Verfolgern nicht mehr eingeholt werden kann („Mutafo, das Ding“).


Sektion Segeln der Hochschulsportgemeinschaft Warnemünde/Wustrow (HSG)

Die „Mutafo“ wurde der Sektion Segeln der Hochschulsportgemeinschaft Warnemünde/Wustrow (HSG) übergeben, sie war das erste Schiff der Abteilung Seesegeln in der HSG und somit auch die Keimzelle unseres Akademischen Segelvereins Warnemünde, der im Jahr 1990 aus der HSG hervorgegangen ist. Gemeinsam mit dem 1975 hinzugekommenen Schwesterschiff „NADIR“ sollte die „MUTAFO“ hauptsächlich für studentische Ausbildungsfahrten eingesetzt werden und natürlich an allen Regatten vor Warnemünde, im Greifswalder Bodden und zur DDR-Meisterschaft im Seesegeln teilnehmen.


Unter Peter Ahrendt als Steuermann und mit Reinhard Kay in der Crew holte die „Mutafo“ gleich im ersten Einsatzjahr 1974 den Meistertitel in der Klasse IOR III, der aus den Ergebnissen der Regatten „Rund Rügen“, „Ostseewoche“ (jetzt „Warnemünder Woche“) mit 3 Wettfahrten vor Warnemünde und der „Tonnenregatta“ von Greifswald nach Warnemünde ermittelt wurde. Sie ließ das Schwesterschiff „EMA“, das 1973 den Titel holte, hinter sich, fortan gab es erbitterte Konkurrenz wischen beiden Skippern. 1975 startete die „MUTAFO“ mit einer Crew aus Studenten und Mitarbeitern zu einem Törn nach Riga und Tallinn, der natürlich für alle ein großes Erlebnis war.

Langfahrten zu DDR Zeiten

Mutafo Mastbruch 1977
Mutafo Mastbruch 1977

Das solchen Langfahrten vorausgehende Procedere war zu DDR-Zeiten allerdings recht kompliziert. Es gab ein beschränktes „Kontingent“ an „Freundschaftsreisen“ zu den östlichen Nachbarn, wobei der Erfolg der Bewerbung um eine solche Reise auch von der Platzierung bei den Meisterschaften abhing. Für das Schiff „MUTAFO“ kein Problem, für die Mannschaften galten allerdings auch noch andere Kriterien. Die Gastfreundschaft in den besuchten Häfen war jedoch immer sehr herzlich, die Segelfreunde in Lettland und Estland waren ja in einer ähnlichen Situation wie wir. Auch 1975 und 1976 wurde die „MUTAFO“-Mannschaft wieder DDR-Meister.

 

 

 

Mastbruch 1977

1977 wurde die „Serie“ leider gestoppt, bei der „Tonnenregatta“ Anfang September kam vor der Tromper Wiek bei W 6-7 und grober See der Mast „von oben“, und die Fahrt endete zunächst im Schlepp des Rettungskreuzers „Stolteraa“ in Sassnitz („Mutafo-Mastbruch 1977“).


Einen neuen Mast konnte man damals nicht einfach kaufen, so wurden „irgendwie“ geeignete Rohre aus seewasserfestem Aluminium „besorgt“ und in Eigenleistung ein neuer Mast gebaut. Das stehende Gut war nach dem Mastbruch nicht gekappt, wie heute üblich, sondern sorgfältig geborgen worden. Es konnte nun für den neuen Mast wieder verwendet werden.
Da der Alu-Mast fester und leichter war als der alte Stahlmast, wurde er auf die „NADIR“ gegeben, die als das neuere Schiff künftig für Regatten favorisiert, während die „MUTAFO“ überwiegend für studentische Ausbildungsfahrten eingesetzt werden sollte. Das knappe Geld reichte nicht aus, um beide Schiffe mit neuen, konkurrenzfähigen Segeln auszustatten. „MUTAFO“ erhielt den Stahlmast der „NADIR“.

Skipper Peter Bartelt

Peter Bartelt, heute ASVW-Ehrenvorsitzender, kam 1978 als Skipper auf die „MUTAFO“. Materialprobleme verhinderten leider trotz strengem und regelmäßigem Training mit der studentischen Mannschaft den Gewinn der Meisterschaft. Der Titel blieb allerdings im Verein, er ging an die „NADIR“. „MUTAFO“ ging auch 1978 wieder auf Langfahrt, diesmal hauptsächlich mit Mitarbeitern der Abteilung Segelforschung der Hochschule, um das Regattarevier der Olympischen Spiele 1980 vor Tallinn (Pirita) kennenzulernen. 1989 wurde diese „Exkursion“ gemeinsam mit der „NADIR“ und der „UNIVERSITAS“ (Uni Rostock) wiederholt. 1979 waren neben Peter Bartelt als Skipper und Reinhard Kay nur Studenten in der Mannschaft, es wurde regelmäßig und hart trainiert, die Studenten „konkurrierten“ um einen Stammplatz bei Regatten, und so wurden trotz der inzwischen materiell weit überlegenen neuen „Taurus“-Yachten (vor allem „Tümmler“ vom Armeesportverein) stets gute Plätze ersegelt.

Freundschaftsreise nach Tallinn

Mutafo-Tallinn1982
Freundschaftsreise nach Tallinn

1980 wurde es ein 2. Platz und 1981 wieder der Meistertitel. Als Winterlager für beide Yachten wurde 1980 in der Groß-Kleiner Außenstelle der Hochschule unter großartiger Mitwirkung der „MUTAFO“-Studenten ein Schleppdach-Schuppen gebaut, damit verbesserten sich die Bedingungen für die Arbeiten bei der Winterüberholung, die mit den Jahren immer intensiver wurden, erheblich. 1982 und 1986 ging die „MUTAFO“ mit nur aus Studenten bestehenden Mannschaften auf Langfahrt nach Tallinn. Von der Reise 1982 ist der Bericht eines Crew-Mitglieds erhalten („Mutafo-Tallinn 1982“). Auch hier wird die tolle Hillfsbereitschaft der estnischen Segelfreunde hervorgehoben. Diese Gastfreundschaft haben allerdings auch wir gern erwidert, wenn Segler aus diesen Staaten zu uns nach Warnemünde kamen, meist zur „Ostseewoche“.

In den folgenden Jahren gab es zwar keine Meistertitel mehr, für eine konkurrenzfähige „Regattagarderobe“ reichten die finanziellen Mittel der HSG nicht, zweite und dritte Plätze wurden aber immer noch ersegelt. 1988 wurden von der Hochschule Mittel bereitgestellt, um beide Yachten in einer Werft gründlich überholen zu lassen. Die „NADIR“, bei der schon das Teakdeck undicht wurde, machte im Winter 1988-89 den Anfang, die „MUTAFO“ folgte im Herbst 1989. Das Deck wurde erneuert und einschließlich der Kajüte mit Matte überzogen, leider reichte das Geld nicht für eine Teak-Beplankung.

Erhöhung der Sicherheit durch ein Brückendeck

Die beiden Niedergänge wurden dichtgemacht und durch einen ersetzt, vor den zur Erhöhung der Sicherheit ein Brückendeck gesetzt wurde. Bisher gab es nur eine ca. 15 cm hohe Schwelle zwischen Plichtboden und Niedergangsschott, für von achtern einsteigende Seen keine große Hürde. Die „Mutafo“ sollte im Frühjahr 1990 fertig sein, ein Brand in der Werft, dem auch viele eingelagerte Teile unseres Schiffes zum Opfer fielen, verzögerte den Ablieferungstermin jedoch um ein Jahr. Das Schiff stand zum Glück vor der Werft und blieb verschont, nur auf der Stb-Seite des Vorschiffs waren Hitzeschäden entstanden.

1991: „Mutafo“ in Warnemünde

Im Frühjahr 1991 holten wir die „Mutafo“ dann nach Warnemünde zurück. In der Zwischenzeit gab es allerdings neue Probleme. Die Hochschule befand sich in der Umstrukturierung und es gab Bestrebungen, beide Schiffe zu verchartern bzw. zu verkaufen. Wir beschlossen, nach nun geltendem Recht einen Segelverein als Nachfolger der Sektion Segeln der HSG zu gründen, und nach intensiven Verhandlungen mit der Hochschulleitung sagte der damalige Rektor zu, dem Verein die Schiffe zur satzungsgemäßen Nutzung zu überlassen. Am 20. September 1990 fand die Gründungsversammlung des Akademischen Segelvereins Warnemünde statt, die beiden Yachten wurden dem Verein mit allen Rechten und – vor allem – Pflichten überlassen. Die Vereinsschiffe und – als Wichtigstes – die zugehörigen Mannschaften bildeten damit die Grundlage unseres Vereins, der dann um diesen Kern herum wuchs und sich weiter entwickelte.

Bildergallerie Mutafo

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